Heute vor 50 Jahren: Das Geburtsdatum der Traum-Elf

An diesem Tag vor 50 Jahren gewann Deutschland in Wembley mit 3:1. Die Art und Weise verzauberte die Zuschauer.

Die Europameister von 1972 gelten bei vielen Fußball-Experten als beste deutsche Nationalmannschaft aller Zeiten: Mit Spielerpersönlichkeiten wie Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Günter Netzer und Jürgen Grabowski. Mehr noch als die Endspielelf, die gegen die Sowjetunion bei der Endrunde in Belgien im Brüsseler Heysel-Stadion die Sowjetunion mit 3:0 besiegte, hat sich vor allem das Team, das vor genau 50 Jahren, am 29. April 1972 im Hinspiel des Viertelfinales mit spielerischer Eleganz und traumhaftem Kombinationsfußball England bezwang, als glanzvolles Ensemble ins Gedächtnis der Fußballfans gespielt.
Noch nie zuvor hatte eine deutsche Nationalmannschaft auf englischem Boden gewinnen können. Mit entsprechend großem Respekt reisten die Mannen von Bundestrainer Helmut Schön seinerzeit nach London. Auf dem „heiligen Rasen“ von Wembley galt es, gegen eine der heimstärksten Mannschaften der Welt zu bestehen, in deren Startformation mit Torhüter Allen Banks, Bobby Moore, Alan Ball, Martin Peters und Geoffrey Hurst noch fünf Weltmeister von 1966 standen. Bei den Deutschen lief mit Franz Beckenbauer nur ein Spieler aus jener Mannschaft auf, die sechs Jahre zuvor an gleicher Stelle im legendären WM-Endspiel den Engländern mit 2:4 nach Verlängerung unterlegen war.

Zum Kapitän gesellten sich statt geballter Routine die aufstrebenden Münchner Talente Uli Hoeneß, Paul Breitner und Hans-Georg „Katsche“ Schwarzenbeck. Und ein Genie: Günter Netzer, bei Borussia Mönchengladbach damals schon längst die große Führungsfigur, in der Nationalmannschaft aber häufig im Schatten von Wolfgang Overath, sollte an jenem Abend sein wohl bestes Länderspiel absolvieren. Der Mythos des unvergleichlichen Spielgestalters, der „aus der Tiefe des Raumes“ die deutschen Angriffe initiierte, wurde in diesem Spiel geboren. Vor allem das Wechselspiel mit Franz Beckenbauer funktionierte in Perfektion, an das Netzer eine ganz spezielle Erinnerung hat: „Sobald ich mich nach hinten fallen ließ, konnte Beckenbauer in aller Seelenruhe nach vorne gehen, ohne bedrängt zu werden und ohne schlechtes Gewissen, in der Defensive ein Loch zu hinterlassen. Das war in der Tat ein Traumjob für den Franz.“
Für Traumpässe war dann Netzer zuständig. Einen davon konnte Gerd Müller, der Torjäger schlechthin, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit in der Anfangsphase nicht verwerten. Uli Hoeneß machte es wenig später in seinem erst zweiten Länderspiel besser. Sein leicht abgefälschter Schuss brachte die 1:0-Führung für die deutsche Mannschaft. Sie war hoch verdient. Niemand hatte damit gerechnet, dass sich die Gäste in einer derartigen Spiellaune präsentieren würden. Wurde es im eigenen Strafraum dann doch mal etwas brenzlig, war Sepp Maier zur Stelle, sicher einer der damals besten Torhüter überhaupt.
Von Minute zu Minute steigerte sich das Selbstbewusstsein der Schön-Truppe und es lag wohl an dieser spielerischen Leichtigkeit des Seins, dass der Ausgleich der Engländer eine knappe Viertelstunde vor Spielende keinerlei negative Auswirkungen auf die herausragende Performance hatte. Im Gegenteil: Nachdem Sigi Held nach einem tollen Solo an der Strafraumkante zu Fall gebracht worden war, verwandelte Netzer in der 85. Minute den fälligen Elfmeter. Drei Zeigerumdrehungen später sorgte Gerd Müller, dann in gewohnter und unnachahmlicher Manier, mit einem Schuss aus der Drehung für die Entscheidung und den historischen Sieg.
Dementsprechend groß war in den Wochen nach dem 29. April 1972 die Euphorie rund um diese Wembley-Elf: Maier- Höttges, Schwarzenbeck, Beckenbauer, Breitner – Hoeneß, Netzer, Wimmer – Grabowski, G.Müller, Held.


Der Stamm dieser Mannschaft kam zwei Jahre später auch zu Weltmeister-Ehren. Aber schon nicht mehr mit dieser scheinbaren Leichtigkeit und Überzeugung. Die im WM-Endspiel 1974 unterlegenen Niederländer hatten mit ihren „Voetbal Total“ bereits neue Maßstäbe gesetzt. Mit fünf Spieler-Rücktritten unmittelbar nach der WM 1974 brach die beste deutsche Nationalmannschaft aller Zeiten dann endgültig auseinander.


In der Ausstellung des Deutschen Fußballmuseums erinnert Günter Netzers Fußballschuh an diese Hoch-Zeit der deutschen Fußballgeschichte. Es handelt sich um eine Sonderanfertigung. Ausrüster adidas hatte für den Dirigenten des deutschen Spiels passgenaue Schuhe angefertigt. So hat der linke Schuh die Größe 10,5 und der rechte die Größe 11. Ein Unterschied zwischen beiden Schuhen von 0,4 cm. Erklärt das Netzers millimetergenaue Traumpässe?

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