Hakoah Bochum mit Erich Gottschalk, ca. 1926, Quelle: Nachlass Erich Gottschalk / Jüdisches Museum Dorsten

Erich Gottschalk

Geboren am 16.03.1906 in Wanne, Deutschland
Gestorben am 21.08.1996 in Kuddelstaat, Niederlande
Spieler
Erfolge:
  • Deutscher Meister im Schild-Verband 1938

Hakoah Bochum mit Erich Gottschalk, ca. 1928, Quelle: Nachlass Erich Gottschalk / Jüdisches Museum DorstenErich Gottschalk war Kapitän der Mannschaft, die Bochum im Jahr 1938 zum ersten Deutschen Meistertitel führte. Ausrichter dieser Meisterschaft war jedoch nicht der DFB, sondern der jüdische Schild-Verband.

Auch der 1906 im heutigen Herne geborene Erich Gottschalk hatte seine Karriere zunächst in einem DFB-Klub begonnen: Seit ca. 1918 kickte er für Jugendteams des TuS Bochum, einen Vorgänger des heutigen VfL. Anders als die meisten anderen Juden verließ Gottschalk seinen Verein aber bereits Mitte der 1920er Jahre: Im Jahr 1924 hatte TuS-Präsident Constans Jersch, der zugleich Vorsitzender des Westdeutschen Spielverbandes war, dem jüdischen Klub Hakoah Essen die Aufnahme verweigert. Aus Protest trat Gottschalk daraufhin aus dem TuS aus – und gründete mit gerade einmal 19 Jahren Hakoah Bochum, der fortan mit Hakoah Essen und anderen jüdischen Teams der Region eine eigene Liga bildete.

Erich konzentrierte sich in den folgenden Jahren aber eher auf seine berufliche Karriere: Nach seiner mittleren Reife machte er eine Ausbildung zum Kaufmann und fand 1929 eine Anstellung in einem Textilhandel in Karlsruhe. Hier lebte er bis zur Machtübernahme der Nazis: 1933 musste er zurückkehren, um seinen Eltern zu helfen, die ein Manufakturengeschäft in der Bochumer Innenstadt betrieben.

Erich Gottschalk im Kreise der Meister-Elf von Schild Bochum 1938, Quelle: Der Schild, Repro: WahligZurück in der Heimat schloss sich der begeisterte Fußballer auch wieder seinem Verein an, der sich jetzt Schild Bochum nannte. Gottschalk wurde Mannschaftskapitän und führte die Elf bis an die Spitze des jüdischen Fußballs: In der Saison 1937/38 wurde Bochum mit einem 4:1-Sieg gegen Schild Stuttgart im Finalspiel in Köln erstmals Deutscher Meister im Schild-Verband.

Abseits des Fußballplatzes hatten sich die Lebensbedingungen für Gottschalk zu diesem Zeitpunkt bereits radikal verschlechtert: Gemeinsam mit seiner Frau Rosa, die er 1935 geheiratet hatte, plante Erich die Flucht nach Südafrika. Doch aus Rücksicht auf seine Eltern blieb er zunächst in Bochum.

In der Pogromnacht 1938 wurde das Geschäft der Familie Gottschalk zerstört und Erich erstmals kurzzeitig inhaftiert. Ende des Jahres flüchtete er in die Niederlande, die noch einmal kurzzeitige Sicherheit boten. Doch im Mai 1940 war es auch damit vorbei: Einen Tag nach dem Einmarsch deutscher Truppen wurden Gottschalk und seine Frau verhaftet und ins Lager Westerbork verschleppt. Hier lebte das paar vier Jahre lang zwischen Verzweiflung und Hoffnung: 1941 kam im Lager Tochter Renée zur Welt.

Erich Gottschalk, Quelle: Nachlass Erich Gottschalk / Jüdisches Museum DorstenWenige Monate vor Kriegsende, als die alliierten Truppen bereits vor Antwerpen standen, wurden die Gottschalks mit einem der letzten Transporte nach Auschwitz deportiert. Hier wurde die Familie für immer auseinandergerissen: Frau Rosa und Tochter Renée wurden in den Gaskammern ermordet und Erich überlebte nur, weil er bei einem der gefürchteten ‚Todesmärsche‘ in den letzten Kriegstagen flüchten konnte. Nach Kriegsende musste Erich erfahren, dass auch seine beiden Eltern im KZ Theresienstadt ermordet worden waren.

Physisch wie psychisch gebrochen, kehrte Gottschalk in die Niederlande zurück. 1961 heiratete er ein zweites Mal, wegen seiner traumatischen Shoah-Erfahrungen konnte er jedoch beruflich wie privat nie mehr Fuß fassen. Seinen neuen Verwandten erzählte Gottschalk an guten Tagen, er sei vor dem Krieg ein guter Fußballer und sogar Deutscher Meister gewesen. Glauben wollte dem alten Mann diese Geschichte niemand mehr.

Autor: Henry Wahlig

Diese Seite teilen
URL