Quelle: Eintracht Frankfurt Museum

Karl Maas

Geboren am 13.11.1885 in Winnweiler, Deutschland
Gestorben am 06.03.1955 in Frankfurt
Funktionär

Der am 13. November 1885 in Winnweiler geborene Karl Maas arbeitet ab 1912 als Rechtsanwalt beim Landgericht Kaiserslautern. Im Ersten Weltkrieg kämpft Karl Maas als Unteroffizier der 3. Kompanie des Bayrischen 8. Infanterieregiments, er wird mit dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet. Maas gerät in Kriegsgefangenschaft, aus der er im Januar 1920 entlassen wird. Fortan arbeitet er wieder als Amtsanwalt, zunächst bei den Amtsgerichten Homburg und Waldmohr, später dann in Kaiserslautern. Ab 1930 ist er Amtsgerichtsrat in Kaiserslautern.

Karl Maas ist ein glühender Anhänger des FV Kaiserslautern, dem Vorgängerverein des 1. FC Kaiserslautern. Zwischen 1910 und 1931 nimmt er im Verein verschiedene Ämter wahr, er arbeitet als Schriftführer, kommissarischer Leiter der Fußballabteilung und er verfasst Berichte für die Vereinszeitung. Auch im Süddeutschen Fußballverband engagiert sich Karl Maas.

Am 7. April 1933 wird das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums erlassen. Das Gesetz ermöglicht den nationalsozialistischen Machthabern, jüdische und politisch missliebige Beamte aus ihren Ämtern zu entfernen. Die Betroffenen werden entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Eine Ausnahme ist im §3 (2) geregelt, nach der „nicht arische“ Beamte, die bereits vor August 1914 verbeamtet wurden oder im ersten Weltkrieg gekämpft haben, im Dienst belassen werden können. Aufgrund dieser Ausnahmeregel, dem sogenannten „Frontkämpferprivileg“, kann Karl Maas zunächst in Stellung bleiben, er wird aber immer wieder schikaniert und an der Arbeit gehindert. Das „Reichsbürgergesetz“ vom September 1935 ermöglicht dann auch die Entlassung von Frontkämpfern. Am 31. Oktober 1935 wird Karl Maas wegen seines jüdischen Glaubens von seinem Amt als Amtsgerichtsrat in Kaiserslautern „beurlaubt“.

1937 verlässt Karl Maas seine Heimat Kaiserslautern, gemeinsam mit seiner Frau Liesel und Tochter Johanna zieht er nach Frankfurt. Da seine Frau eine geborene Christin ist, leben die beiden in einer sogenannten „Mischehe“. In der Anonymität der Großstadt erhofft sich die Familie, den Anfeindungen besser aus dem Weg gehen zu können, außerdem lebt die Schwester von Liesel ebenfalls in Frankfurt, sie betreibt in der Nähe der Konstablerwache ein kleines Geschäft. Im ersten Stock der Gaußstraße 41 bezieht die Familie eine 4 ½-Zimmer-Wohnung. Anlässlich der November-Pogrome 1938 wird Karl Maas verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verbracht, wo er bis Mitte Dezember 1938 festgehalten wird. Nach Kriegsausbruch im September 1939  muss er in Frankfurt als Zwangsarbeiter  zunächst bei der Färberei Röver und später auf städtischen Friedhöfen arbeiten.

Immer wieder ist Karl Maas Schikanen der Gestapo ausgesetzt. Am 4. Oktober 1943 wird er aufgefordert, seine Wohnung sofort zu räumen. Ihm ist eine kleine Zwei-Zimmerwohnung in der Gaußsstraße 14 zugewiesen worden. Nur mit Hilfe seiner Frau und der 14-jährigen Tochter muss er den Umzug innerhalb weniger Stunden vornehmen. Da die Möbel und der Hausrat bei dem hektischen Umzug teilweise unbewacht auf der Straße stehen, werden zahlreiche Sachen gestohlen oder zerstört.

Auch in der Gaußstraße 14 kann die Familie Maas nicht lange bleiben. Wenige Wochen nach dem ersten Umzug muss die Familie in eine Einzimmerwohnung in der Ostendstraße 14 umziehen, die Anweisung für den Umzug wird wieder kurzfristig erteilt. „Auch bei diesem Umzug, der von mir und meiner Familie allein in größter Eile innerhalb ganz kurzer Frist vorgenommen werden musste, ging mir wieder ein großer Teil meines mir damals noch verbliebenen Haushalts teils durch Diebstahl, teils durch Zerstörung zu Verlust. Ich musste mit einem Handkarren meine Habe von der Gausstraße nach der Ostendstraße verbringen“, berichtet Karl Maas nach dem Krieg.

Er erinnert sich auch daran, dass er bei „der Gestapo vorgeladen wurde  und das Ansinnen an mich gerichtet“ wurde, „den Verbindungsmann zwischen jüdischer Gemeinde und Gestapo zu machen, d. h. mit anderen Worten, zu helfen die Transporte von Juden zusammenzustellen, die als Opfer zur Vergasung bestimmt waren. Ich habe dieses Ansinnen abgelehnt und dadurch mich den größten Demütigungen insbesondere auch körperlichen Misshandlungen ausgesetzt. Es wurde mir erklärt, dass man mich und `meine Bastarde´ aufgeschrieben habe.“

Als bei den großen Märzangriffen auf Frankfurt 1944 auch das Haus Ostendstraße 14 zerstört wird, ist die Familie Maas endgültig obdachlos und ohne Hab und Gut. Die drei kommen bei einem Freund in Niederrad unter, wo sie in der Schwanenstraße 14 in einem kleinen Zimmer hausen. Karl Maas, der seit 1941 in der Öffentlichkeit den „Judenstern“ tragen muss, wird verpflichtet, auf dem Waldfriedhof in Oberrad Zwangsarbeit zu leisten. Tochter Johanna, die als „Mischlingskind“ gilt, darf keine Schule mehr besuchen und muss in einer Fabrik arbeiten.

Am 8. Februar 1945 wird Karl Maas darüber informiert, dass er „zum geschlossenen Arbeitseinsatz nach ausserhalb“ verbracht werden soll. Der Transport ist für den Mittwoch, den 14. Februar 1945 um 14.00 Uhr terminiert. Mit hunderten weiteren Juden aus sogenannten „Mischehen“ wird Karl Maas am 14. Februar von der Großmarkthalle aus nach Theresienstadt deportiert. Hier muss er beim Bau von Gaskammern mitarbeiten. Am 10. Mai 1945 wird das Konzentrationslager Theresienstadt von der Sowjetarmee befreit. Zunächst wird über das Lager eine sechswöchige Quarantäne verhängt. Die 30.000 Überlebenden werden von Ärzten und Pflegern wieder zu Kräften gebracht. Nach Aufhebung der Quarantäne macht sich Karl Maas zu Fuß auf den Weg Richtung Frankfurt. 

Nach einer abenteuerlichen einwöchigen Reise kehrt er im Juni 1945 nach Frankfurt zurück, wo er seine Frau und seine Tochter wiedertrifft. Den beiden wurde in der Wolfsgangstraße 41 eine Wohnung zugewiesen. Zunächst haben die Maas`s überhaupt keine Wohnungseinrichtung, die Familie schläft auf dem Boden. Erst nach und nach können sie sich wieder eine Einrichtung organisieren.

Karl Maas bietet sich die Möglichkeit, zurück nach Kaiserslautern zu gehen und dort wieder an seiner alten Stelle zu arbeiten. Doch der Jurist bleibt mit seiner Familie in Frankfurt. Am 1. August 1945 wird er Amtsgerichtsrat am Amtsgericht Frankfurt. In den folgenden Jahren wirkt er am Aufbau der Institution mit, 1949 wird er  zum Amtsgerichtspräsidenten ernannt. In einem Nachruf nach seinem Tod berichtet die Frankfurter Rundschau 1955: „Auf ihn geht ... der eigentliche Aufbau des Frankfurter Amtsgerichts zurück.“

Auch für seine Sportbegeisterung findet Karl Maas eine neuen Heimat: Die Frankfurter Eintracht. Bei allen großen Spielen ist Karl Maas vor Ort, er ist Vereinsmitglied und kompetenter Berater des Vorstands. Zeitweise wird er bei der Eintracht sogar als der neue Vorstand gehandelt, was seine Frau allerdings zu verhindern weiß. Er ist aber maßgeblich daran beteiligt, dass  sein Kollege Amtsgerichtsrat Dr. Anton Keller 1949 zum Vorsitzenden der Eintracht gewählt wird. Karl Maas wird am 1. April 1951 aus Altersgründen in den Ruhestand versetzt. Am 6. März 1955 stirbt er in Frankfurt an den Folgen eines Schlaganfalls.

Die Spieler der Eintracht bestreiten das folgende Ligaspiel gegen die SpVgg Fürth (1:0) mit Trauerflor. In den „Eintracht-Heften“ wird Karl Maas ein ausführlicher Nachruf gewidmet, in dem es heißt:  „Der Verstorbene war ein Aufrechter, dem die höchste richterliche Tugend, die Gerechtigkeit, verpflichtendes Gesetz ward. Das Schicksal hatte ihm eine Zeitlang ein hartes Los zugeteilt. Aber der in sich geschlossene Mann verhärtete sich nicht. Er blieb sich selbst treu in der edlen Gesinnung der Selbstüberwindung. Der gerechte und sinnvolle Ausgleich wurde ihm, dem Geprüften, zum Leitmotiv vernünftigen Handelns. Dieser Vorzug des Klugen kam auch der Sportgemeinde Eintracht zugute, der sich Karl Maas angeschlossen hatte, als er in Frankfurt zu wirken begann.“

Autor: Matthias Thoma

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