Rückerstattungsverfahren der Familie von August Kahn. Da das Todesdatum noch unbekannt ist, wird der 8. Mai 1945, das Ende des Zweiten Weltkriegs festgelegt...

August Kahn

Geboren am 22.05.1869
Gestorben am 10.10.1944 in Theresienstadt
Ermordet im Holocaust
Mäzen

Nachbarin Wilhelmine Reuhs verwendet sich als Zeugin für die Kahns. August Kahn führt eine gutgehende Metzgerei an der Gewerkenstraße 68. Er versorgt die Schalker Spieler mit Fleisch- und Wurstwaren. Nach dem Training stärkt sich die Mannschaft in seiner Küche. „Frontkämpfer aus dem 1. Weltkrieg“ – mit diesem Plakat im Schaufenster seiner Metzgerei hofft er vor schlimmsten Repressalien im Dritten Reich geschützt zu sein. Sein offenes Bekenntnis zu einer vaterländischen Gesinnung schützt Kahn jedoch nicht.

In der Reichspogromnacht 1938 ist das Ehepaar Ziel brutaler Attacken von Schlägertruppen des NS-Regimes. Kurz darauf wird August Kahn von den Nazis zwangsenteignet. Sie zwingen sie ihn und seine Frau Rosa, die Wohnung oberhalb des Ladenlokals zu verlassen. Sie verfrachten das Ehepaar in ein Judenhaus an der Klosterstraße 21, das ehemalige Wohnhaus von Schalkes späterem Vereinspräsidenten Dr. Fritz Levisohn, der ebenfalls zwangsenteignet worden ist. Die die von den Nationalsozialisten geführte „Theresienstädter Eingangsliste“ nennt davon abweichend die Franz-Seldte-Straße 84 (heute Florastraße) als letzte Anschrift.

Die Nazis stecken August und Rosa Kahn Ende Juli 1942 mit einem „Alterstransport“ nach Theresienstadt. Der Deportationstransport XI/1 (Reichsbahn-Kürzel Da 77) ist ab Münster eingesetzt, dorthin werden die Menschen mit Zügen, LKW oder Bussen gebracht. Insgesamt befinden sich 901 Juden in dem Zug, der am 1. August 1942 Theresienstadt erreicht. Viele haben bereits auf dem Weg ihr Leben verloren. August Kahn wird am 11. Oktober 1944 ermordet. Seine Frau Rosa ist bereits am 4. September 1942 gestorben – laut der „Todesfallanzeige“ angeblich an einer Lungenentzündung.

Zeugenaussage im Rückerstattungsverfahren: Dokument des ehrbaren bürgerlichen Lebens der Familie Kahn. Viele Menschen aus diesem Transport verschleppen die Nazis weiter in die Vernichtungslager Auschwitz, Treblinka oder Maly Trostinez. 835 von ihnen werden getötet. Von den 44 Juden aus Gelsenkirchen überleben nur vier.

Autor: Christine Walther / Thomas Spiegel

Literaturverweise
"Spurensuche - Jüdische Schicksale auf Schalke", Gelsenkirchen 2019; Königsblau, Die Geschichte des FC Schalke 04, Gelsenkirchen 2015; Dr. Stefan Goch / Norbert Silberbach, Zwischen Blau und Weiß liegt Grau: Der FC Schalke 04 in der Zeit des Nationalsozialismus, Gelsenkirchen 2005
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